Wie Fremdkapital das Gesundheitswesen verteuern – und weshalb Versorgungsregionen eine Lösung sein könnten

Dolomiten (robert_hrovat, Pixabay)

Demut. Sie scheint dem Gesundheitswesen zu fehlen. Wohlgemerkt dem System – nicht uns Menschen, wie Rutger Bregman in seinem Buch „Im Grunde gut“ aufzeigte. Doch wie kann es sein, dass das Gesundheitssystem und die Menschen darin teils auseinanderzudriften scheinen? Denn: Wir Menschen sind und prägen unser Gesundheitswesen.

Es mag sein, dass viele Innovationen im Gesundheitswesen durch ökonomische Rahmenbedingungen begünstigt wurden. Auch mag es sein, dass Konkurrenz „das Geschäft“ belebt. Fakt ist jedoch auch, dass alles – im Ökonomie-Jargon – einen Preis hat, die sogenannten Opportunitätskosten.

Gesundheit ist nicht marktfähig

Warum das Gesundheitswesen als Markt nicht funktioniert, ist weitestgehend bekannt und erklärbar. Gesundheit ist ein Vertrauensgut. Patientinnen und Patienten sind auf die Einschätzung der Fachpersonen angewiesen. Hinzu kommen die indirekten Zahlungsströme, da beanspruchte Leistungen nicht selbst bezahlt werden.

Diese und weitere Gründe rechtfertigen politische Regulation. Doch die Politik kommt als Regulatorin nur langsam voran, etwa aufgrund zahlreicher teils widersprüchlicher Interessen.

Zwei Beispiele dafür ist die Investitionspraxis sowie das Tarifwesen.

Mit Fremdkapital investieren

Ein Problem der Betriebswirtschaft ist der systembedingte Wachstumszwang. Dies zeigt sich beispielhaft daran, dass die Tarifgestaltung in der Schweiz vorsieht, dass Leistungserbringer “unternehmerisch” in die Infrastruktur wie Immobilien, Geräte oder die Digitalisierung (eHealth) investieren müssen.

Höhere Ansprüche der Patientinnen und Patienten sowie der Mitarbeitenden, technologischer Fortschritt, Konkurrenz oder gesetzliche Vorgaben sind einige Gründe für die Investitionen.

Zwecks Aufnahme von Fremdkapital benötigen die Gesundheitsinstitutionen einen Geschäftsplan. Da sich Investitionen nicht immer rechnen, werden diese im Excel „passend“ gerechnet – Annahmen sind geduldig. Unter dem Strich wird es aufgehen. Selten wird dabei die Plausibilität, insbesondere im Quervergleich mit Mitbewerbern, berücksichtigt.

Die Folge: Nach Freigabe des Kapitals sind Leistungserbringer im Zwang des Wachstums gefangen. Das beeinflusst die Gesundheitskosten direkt. Jahr für Jahr!

Beschleunigend hinzu kommt, dass die Bonität von Gesundheitsinstitutionen gegenüber der Privatwirtschaft oft wohlwollender beurteilt wird. Dies, da die Staatsnähe und Systemrelevanz als Sicherheitsgarant betrachtet werden. Eine ungesunde Entwicklung.

Denkbar wäre stattdessen beispielsweise, dass Fremdkapital nur aufgenommen werden kann, wenn die Gesundheitsinstitution das Investitionsgut ohne Wachstumsprognosen leisten kann. Oder denkbar wären Investitionsbudgets für Gesundheitsregionen mit Versorgungsaufträgen.

Ebendiese Gesundheitsregionen wären auch für die Tarife wichtig.

Tarife im Gesundheitswesen

Finanziert wird, wer krank ist. Diese Adaption der Preispolitik aus der Privatwirtschaft scheint auf den ersten Blick nachvollziehbar, birgt jedoch Fehlanreize. So fehlt der Anreiz, die Gesundheit der Menschen zu erhalten und zu steigern.

Beobachtet man die aktuelle Debatte um den Tardoc-Tarif, bleibt die Grundsatzfrage, ob überhaupt erbrachte Leistungen finanziert werden sollen, oft einen Nebenschauplatz.

Auch hier bieten sich Gesundheitsregionen an.

Gesundheitsregion für die Versorgung von morgen?

Pro Kopf gäbe es eine Regelmässige Entschädigung für Prävention und Gesundheitsversorgung. OptiMedis aus Deutschland beispielsweise leistet diesbezüglich seit Jahren Pionierarbeit.

Als Versorgungsregion unsere Gesundheit erhalten und nötigenfalls Krankheit behandeln: Selbstloser und demütiger dienen. Ein Vorbild auch für die Schweiz?

Bild: robert_hrovat, Pixabay